Annika Kratzel - SARS-CoV-2

Schlüsselfaktoren der SARS-CoV-2-Infektion können als Zielscheibe für Medikamente dienen

Portrait Annika 800x600

Sie haben Ihre Doktorarbeit während der Coronavirus-Pandemie gemacht: Was war der Kontext und welches Ziel hatten Sie?

Wenn ein neues, bisher unbekanntes Virus auftritt gibt es im Allgemeinen meistens keine Medikamente oder Impfung dagegen. So war es auch am Anfang der SARS-CoV-2-Pandemie. Es gibt mehrere Möglichkeiten, Medikamente gegen Viren zu entwickeln. Einerseits gibt es Medikamente, die direkt gegen das Virus wirken. In diesem Fall kann ein Virus dem Medikament «entkommen», indem es neue Varianten bildet. Andererseits kann man mit Medikamenten, die für Viren wichtige Mechanismen in der menschlichen Zelle blockieren, eine Infektion verhindern. Ein Ziel meines PhD Projekts war es, SARS-CoV-2-Infektionen in Zellen besser zu verstehen, um Mechanismen zu identifizieren, die als Angriffsstelle für Medikamente dienen könnten.

Können Sie erklären, worauf es für die Infektion einer Wirtszelle mit dem Coronavirus ankommt?

In menschlichen Zellen gibt es ungefähr 20.000 Faktoren, die alle eine bestimmte Aufgabe haben, damit die Zellen gut funktionieren. SARS-CoV-2 «stiehlt» die Aufgabe einiger solcher Faktoren für eine erfolgreiche Infektion.

Die wichtigsten Schritte der SARS-CoV-2-Infektion sind chronologisch:

1. Der Viruseintritt in die Zelle.

2. Die Freilassung der Viruserbinformation in die Zelle.

3. Die Replikation der Viruserbinformation.

4. Die Verpackung der Viruserbinformation in neue Viren.

5. Der Austritt des Virus aus der Zelle.

Die Herausforderung für mich war zu identifizieren, welche dieser 20.000 Faktoren eine «Schlüsselfunktion» für die SARS-CoV-2-Infektion haben. Mit einer bestimmten Methode haben meine Arbeitskollegen der Gruppe Volker Thiel und ich 3 wichtige Faktoren identifiziert, die sich als Zielscheiben für Medikamente eignen, um SARS-CoV-2-Infektionen zu verhindern.

info deutsch
«Created with BioRender.com»

Und wie sind Sie genau vorgegangen, um zu analysieren, welche der 20.000 Faktoren eine wichtige Rolle für eine SARS-CoV-2 Infektion spielen?

Wir haben eine sogenannte «Gen-Schere» (CRISPR) verwendet, um Faktoren in einer Zelle zu entdecken, die für eine SARS-CoV-2-Infektion unabdingbar sind. Mit der «Gen-Schere» haben wir jeden der 20.000 Faktoren einmal «ausgeschnitten» und so 3 Faktoren entdeckt, ohne die SARS-CoV-2 nicht in Zellen replizieren kann. Eine Schwierigkeit war hier eine Balance zu finden, das Virus zu eliminieren und gleichzeitig die Zellen zu schonen, damit sie trotz des Verlustes der Faktoren immer noch gut arbeiten können.

Ist es Ihnen gelungen, diese Faktoren zu identifizieren?

Mithilfe der Gen-Schere haben wir 3 Faktoren «TMEM41B, FKBP8 und MINAR1» als wichtige zelluläre Faktoren für eine SARS-CoV-2-Infektion identifiziert. Diese Erkenntnisse haben zu einem besseren Verständnis von SARS-CoV-2 in der Zelle geführt.

Was bedeuten Ihre Ergebnisse für den Kampf gegen das Coronavirus in der Zukunft?

Diese Arbeit ist ein gutes Beispiel, wie sich Grundlagenforschung und Anwendung in der Medizin überschneiden können. Einerseits haben wir mit «TMEM41B, FKBP8 und MINAR1» Faktoren gefunden, die für eine SARS-CoV-2-Infektion wichtig sind und so unser Verständnis über das Virus vertieft. Anderseits haben wir Angriffspunkte für mögliche COVID-19-Medikamente entdeckt.

Was hat Ihnen bei der Arbeit an Ihrer PhD besonders gut gefallen?

Ich fand es super, dass wir mit unserer Arbeit die Möglichkeit hatten, etwas Positives zur Pandemie beizutragen. Es was besonders spannend, den Verlauf der Pandemie im Labor in mehr oder weniger Echtzeit zu erforschen. Ich habe nicht nur erkannt, wie weit der Weg von den Ergebnissen der Grundlagenforschung bis zur Herstellung von Medikamenten oder Impfstoffen ist, sondern auch, wie wichtig die Präzision und Effizienz unserer Arbeit ist.

Wie war Ihre Zeit am IVI? Was hat Ihnen besonders gefallen?

Am besten hat mir gefallen, dass ich mit ganz vielen tollen Kollegen zusammenarbeiten und von ihnen lernen durfte. Ich habe während meiner Zeit am IVI viele Freunde gefunden. So hat die Arbeit jeden Tag Spass gemacht.

Wie geht es nun bei Ihnen weiter?

Auch jetzt nach meinem PhD möchte ich gerne in der Forschung bleiben. Da es mir am IVI sehr gut gefallen hat und ich noch viel mehr lernen kann, werde ich fürs erste hierbleiben. Mein Hauptfokus wird dann auf anderen Coronaviren und Techniken liegen. Wir wollen das Erbgut der Coronaviren während eines Replikationszyklus in der Zelle unter dem Mikroskop visualisieren und verfolgen. Ich freue mich sehr auf mein neues Projekt. 

Fachkontakt
Letzte Änderung 08.02.2023

Zum Seitenanfang

https://www.ivi.admin.ch/content/ivi/de/home/das-ivi/ivi-organisation/blog/annika_kratzel_sars_cov2_infection.html